23.12.2012

4. Advent


Der vierte Advent sollte eigentlich den Abschluss bilden in der Reihe "Ein/e Grafiker/in zeigt ein Geschenk, das er/sie für einen lieben Menschen gemacht hat" – bisher mit Markus Ölhafen, Julia Schenk und Michael Jeronski, über deren Teilnahme ich mich riesig gefreut habe! 

Leider klappt das heute nicht. Manchmal ist die Vorweihnachtszeit eben doch stressiger als gedacht. Weil ich das nur zu gut nachvollziehen kann, möchte ich die für heute geplanten Teilnehmer entlasten, in dem ich ein wenig improvisiere und kurzerhand selbst einspringe.

Ich zeige euch ein paar Drucke, die ich meist zur Weihnachtszeit produziere und an liebe Menschen verschenke. Gleichzeitig stelle ich euch die Siebdruckschablonen von Jeromin vor, die ich zum Testen bekommen habe und euch ohnehin noch vorgestellte hätte. 


Vor einigen Jahren fing ich an, zu Weihnachten Textilien zu bedrucken. Meist T-Shirts für all die Kinder im Freundeskreis. Selbstgefertigte Holz- oder Linolschnitte dienten als Druckstock.




Der Alien war ein Entwurf meines Sohnes (8) und ging zu Weihnachten in Produktion

Dieses Jahr entschied ich mich dazu, Siebdruckschablonen auszuprobieren. Ich fertigte schwarz-weiß Entwürfe auf Papier, scannte sie ein und schickte sie per Mail an Sabine Jeromin-Gerdts vom Jeromin-Shop. Diese war begeistert von den Entwürfen und lud mich ein, Gastdruckerin zu sein und ihre Schablonen zu testen. Gerne! Also begann ich, mit insgesamt drei Schablonen zu drucken: zwei Schablonen waren nach meinem Entwurf gefertigt, die dritte Schablone hatte ich mir bei den vorgefertigten Mustern ausgesucht.

Siebdruck ganz einfach in den eigenen vier Wänden, ohne großes Zubehör – ich war gespannt!





Alles was ich brauchte war ein Schaumstoffroller, Siebdruckfarbe und eine Schablone.






Mein Fazit: Es funktioniert erstaunlich gut! Ziemlich einfach, sauber und wenig Aufwand. Wünschenswert fände ich lediglich größere Schablonen, z.B. in A4. Die Schablonen sind bisher nur in Größen bis A5 erhältlich.

Außer T-Shirts bedruckte ich auch kleine Stofftäschchen für Geschenke und Butterbrotpapier für ein bisschen heimelige Weihnachtsbeleuchtung.




Vielen Dank an Sabine Jeromin-Gerdts für Schablone, Roller und Farbe – es war wirklich total einfach so zu drucken! Ein großes Dankeschön an die Teilnehmer der letzten drei Adventssonntage – mir hat es  sehr viel Spaß gemacht, eure einzigartigen Ideen vorzustellen! Und vielen Dank an euch Leser – mit euren lieben Kommentaren und eurem Interesse habt ihr meine anfänglichen Zweifel, was das Thema "bloggen" betrifft, ziemlich rasch aus dem Weg geräumt. Ich bin gespannt, was das kommende Jahr so alles mit sich bringt!

Nun wünsche ich euch vollends einen wunderschönen 4. Advent und ein fröhliches Fest! Habt eine tolle Zeit. Bis zum nächsten Jahr …

19.12.2012

Anke Becker







Anke Becker erstellt lieber Collagen – fügt zig Einzelteile zusammen zu einem großen Ganzen – als mit Farbe und Pinsel zu hantieren. Dieser Vorgang vom Sortieren und Zusammensetzen spiegelt für Anke am ehesten das Prinzip des Alltags wieder. Eine sehr sympathische Sichtweise der in Berlin lebenden Künstlerin!




Besonders spannend finde ich auch die vielfältigen Projekte, die Anke verfolgt. Zum einen die Gemeinschaftszeichnungen mit den Künstlerinnen Veronike Hinsberg und Inken Reinert: Das Aneinanderreihen von einzelnen Blättern wächst im Laufe des Prozesses zu einer riesigen Gemeinschaftsarbeit. Alle Beteiligten müssen sich abstimmen, improvisieren, ihre Individualität aufgeben … alles zum Wohle einer "übergeordneten Gemeinschaftskomposition", wie Anke es nennt.
Zum anderen ihr Blog economic words, auf dem sie regelmäßig die Schönheit der Finanznachrichten zum Vorschein bringt. Und ganz besonders ihr Herzensprojekt "Anonyme Zeichner", von dem ihr auch im Interview mehr erfahrt …


Liebe Anke, erzähle bitte kurz etwas zu deiner Vorgeschichte. 
Wie kamst du zu dem, was du heute tust?

Ich habe Anfang der 90er Jahr in Berlin-Weissensee Malerei studiert. Allerdings habe ich mich von Anfang an mehr für Papier und Stifte interessiert als für Leinwand und flüssige Farbe. Stifte aller Art und Farben, Collagematerial und Papier – das war und ist es immer noch, was man in meinem Atelier findet. Außerdem beschäftigt mich sowohl in meiner Kunst als auch im alltäglichen Leben immer wieder die Frage wie man verschiedenste Interessen, Notwendigkeiten und auch formale Dinge miteinander verbinden kann. Deshalb ist das Thema Collage für mich so spannend. Das alltägliche Leben ist aus wahnsinnig vielen „Baustellen“ zusammengesetzt und will immer wieder neu sortiert und organisiert werden – die Arbeit im Atelier, Geldjobs, die Zusammenarbeit mit andern KünstlerInnen und auch das Organisieren von Ausstellungsprojekten usw. Das alles in einer möglichst idealen und auch schönen Form hinzubekommen bedeutet für mich im Alltag das Prinzip Collage!

Was reizt dich an dem Thema Collage?
Das Neuordnen und Zusammenfügen von Einzelteilen, Ausschnitten und Flächen – die strenge Komposition gepaart mit Überraschung und Zufall – das finde ich sehr spannend. Auch der handwerkliche Aspekt der Collage, das Schneiden, Kleben, Überzeichnen ist für mich sehr wichtig. Der fließende Übergang zwischen Kunst und Kunsthandwerk der dem Genre Collage ja oft anhaften kann, finde ich spannend. Wo ist die Grenze zwischen Kunst und Handwerk? Ist das überhaupt wichtig? Die Idee aus relativ wertlosem, unspektakulärem Material kunst- und wertvolle Arbeiten zu schaffen finde ich extrem reizvoll.




Woher nimmst du das Material für deine Collagen? Sammelst du bestimmte Magazine, Zeitungen oder interessante Papierschnipsel?

Ich halte immer Ausschau nach Zeitschriften die auf hochwertigem Papier gedruckt sind. Wenn ich zu bestimmten Themen arbeite, suche ich aber auch bestimmte Dinge: Für die Serie Plan/Gärten z.B. habe ich Pflanzenkataloge bestellt und auf dem Flohmarkt gekauft. Für die Serie "Einzelteile" brauchte ich Rosatöne, Haut, Haar etc., da boten sich Frauenmagazine + Kataloge für Bademoden an. Wenn ich Landschaften collagiere in denen viel Wasser und Wolken vorkommen, sind z.B. Surfermagazine perfekt usw.

Auf deinem Blog "economicwords" zeigst du Zeitungsausschnitte, die du durch Streichungen auf ein paar wesentliche Worte reduzierst. Wie kamst du dazu, in der Financial Times nach literarischen Schönheiten zu suchen?

Ich hatte letztes Jahr ein Stipendium in den USA – genau in der Zeit als die Wallstreet besetzt wurde. Da ich mich sprachlich etwas unzulänglich fühlte, aber trotzdem meiner Gewohnheit folgte jeden Morgen eine Zeitung zu kaufen, kam mir die Idee die einzelnen Artikel zu bearbeiten, zu vereinfachen und haiku-artige Poesie zu destillieren, die mit dem ursprünglichen Inhalt nichts mehr zu tun hatten. Da das Thema Krise und Finanzen in aller Munde war und weil ich mich schon lange für den Zusammenhang von Geld, Kunst und Leben interessiere, begann ich bald nicht mehr irgendeine Zeitung zu bearbeiten, sondern die Financial Times, deren Papier eine lachsrosa Farbe hat. Wegen dieser Farbe ist es einfach, den Ursprung der Gedichtzeichnungen zu erkennen, auch wenn man den eigentlichen Inhalt nicht mehr lesen kann. Economicwords poetische Extrakte aus den täglichen Berichten aus der Welt der Finanzen und des Geldes – Meldungen aus dem Verborgenen, dem Dahinter und Dazwischen. Das Herstellen von economicwords ist meine persönliche Strategie mit den täglichen globalen und privaten (Finanz)krisen umzugehen und darauf zu reagieren.




Du hast das Projekt "Anonyme Zeichner" ins Leben gerufen. Für dieses Projekt organisierst du Ausstellungen, in denen Zeichnungen anonym präsentiert und verkauft werden. Das heißt, die Zeichnung des Laien hängt neben der des Künstlers und keiner weiß, von wem welche Zeichnung stammt. Wie ist diese Idee entstanden?

Ich hatte 2006 einen kleinen Projektraum in Berlin zur Verfügung den ich für ein Jahr bespielen durfte. Dort wollte ich nicht nur Ausstellungen weniger Künstler machen sondern ein regelmäßiges Format etablieren, bei dem es erstens um Zeichnung geht und zweitens die unterschiedlichsten Menschen mitmachen können. Außerdem ging es mir darum, eine Situation zu schaffen, in der die Zuschauer die ausgestellten Werke nicht mehr aufgrund der Lebensläufe der Künstler bzw. der Höhe des Kaufpreises bewerten. Deshalb die Anonymität gepaart mit einem Einheitspreis von 150 Euro pro Blatt. Die Namen der Künstler werden nur enthüllt, wenn eine Zeichnung verkauft wird. Inzwischen gibt es den Projektraum nicht mehr, aber die Anonymen Zeichner existieren immer noch und sind in 6 Jahren enorm gewachsen. Die Ausstellungen finden in wechselnden Orten statt, was das Ganze – trotz unverändertem Konzept – sowohl für mich als auch für die Zuschauer immer wieder neu und interessant macht.

Was gibt dir den nötigen Antrieb für dieses Projekt? Immerhin ist es mit einem immensen Arbeitsaufwand verbunden.

Die immer neuen und großartigen und überraschenden Zeichnungen die für die Ausstellungen per Post geschickt werden! Nichts ist schöner als auf einen anonymen Aufruf im Internet hin auf analogem Weg hunderte von Umschlägen aus aller Welt zu bekommen. Allein diese Umschläge mit den verschiedenen Handschriften und Briefmarken wären schon eine eigene Ausstellung wert. Beim letzten Mal waren es über 2000 Einsendungen aus denen ich 800 Arbeiten ausgewählt habe. Diese Auswahl zu machen und so viele extrem unterschiedliche Zeichungen zu sichten erweitert meinen eigenen (Zeichnerinnen)Horizont enorm. Und auch das Zusammenstellen der vielen Einzelblätter in eine gut funktionierende Gesamtinstallation ist immer wieder sehr inspirierend. Das ist für mich der Teil des Projektes in dem ich als Collage aktiv werde: Ich ordne viele Einzelteile, bilde neue Sinnzusammenhänge durch sorgfältiges Auswählen der einzelnen Nachbarschaften. Für mich sind diese Hängungen wie Texte, die nicht aus Wörtern sondern aus Zeichnungen bestehen.

Was wünscht du dir für die "Anonymen Zeichner" 2013?

Erst einmal wünsche mir dass wir mit Hilfe unserer Crowdfundingkampage bis Ende des Jahres das nötige Geld für einen neuen Aufruf zur Teilnahme mit darauf folgender Ausstellung zusammen bekommen. Und dann wünsche ich mir natürlich dass möglichst viele Menschen die fertige Ausstellung sehen, sich in einzelne Arbeiten verlieben und sie vielleicht sogar kaufen!

Wie sieht ein typischer Tag für dich aus?

Sehr unterschiedlich, immer davon abhängig welches meiner verschiedenen Projekte gerade wichtig und aktuell ist. Immer aber gilt: Erstmal einen Kaffee und eine Zeitung! Bis 11 oder 12 Uhr Büroarbeit, Organisatorisches, dann zeichne ich einige "economic words" und poste sie auf meinem Blog. Danach ins Atelier zum Zeichnen. Momentan bin ich sehr damit beschäftigt, mein Herzensprojekt "Anonyme Zeichner" voranzubringen, die aktuelle Crowdfundingkamapgne zu betreuen und die im März geplante Ausstellung vorzubereiten. Das ist spannend und macht Spaß - aber die eigene Atelierarbeit kommt in diesen Phasen manchmal etwas zu kurz.


Alle Fotos: © Anke Becker


Vielen Dank für das spannende Interview, liebe Anke!


Weitere Informationen zu Anke Becker findet ihr hier:


Wer Ankes Herzensprojekt "Anonymen Zeichner" unterstützen möchte, sollte sich in den nächsten Tagen noch schnell an der Crowdfunding-Kampagne beteiligen. Nur so kann die Ausstellung auch 2013 stattfinden.


16.12.2012

3. Advent // Michael Jeronski




"Selbstgemachte Geschenke sind die Besten" – frei nach diesem Motto seht ihr hier jeden Adventssonntag ein Geschenk, das ein/e Gestalter/in einem lieben Menschen selbst gemacht hat.

Nach Markus Ölhafen und Julia Schenk stellt heute Michael Jeronski ein persönliches und einzigartiges Geschenk vor.

Michael Jeronski studiert im 7. Semester Grafik-Design an der HAWK Hildesheim. Dort hat er sich von Anfang an bevorzugt in den Druckwerkstätten aufgehalten. Siebdruck, Radierung, Linolschnitt – alles hat er kennengelernt, aber der Linolschnitt wurde zur Leidenschaft. 2011 gründete er zusammen mit seiner Freundin Johanna Zabojnik das Label "doppelgaenger". (Den Stoffbeutel "I love you" mag ich besonders – unbedingt anschauen!)

Mit Druckgrafik hat auch das Geschenk zu tun, das Michael Jeronski heute hier zeigt. Anlass war der 30. Geburtstag seines Freundes Till Kraschutzki. Die beiden studieren und drucken zusammen – was liegt da näher, als ein ausgefallenes Geschenk aus der Druckwerkstatt?

In der Zeit vor dem Geburtstag beschäftigte sich Michael viel mit Logos und Veredelungstechniken. Da kam ihm die Idee, ein persönliches Logo für seinen Freund zu gestalten und eine Gebrauchsgrafik daraus zu machen. Die fiktive Biermarke "Kraschutzki Pilsener" entstand.

Michael entwarf das Logo, übertrug es auf eine Linolplatte und schnitzte alle vorgezeichneten Linien heraus. Die Linolplatte legte er zusammen mit Blanko-Bierdeckeln in die Druckpresse und begann, ein kleines Set an handgeprägten Bierdeckeln zu produzieren. Verpackt in eine kleine Box konnte er nun ein wundervolles, mit viel Liebe produziertes Geschenk übergeben!


Schritt 1: Die Linolplatte wurde auf der Druckpresse platziert.

Schritt 2: Anschließend mit dem Bierdeckel bedeckt.

Schritt 3: Pappe und Filztuch wurden auf der Linolplatte und dem Deckel platziert
und nach rechts durch die Walze gedreht. Fertig.




Alle Fotos: © Michael Jeronski


Herzlichen Dank für deinen Einblick, Michael! Ich bin mir sicher, Till Kraschutzki war begeistert, plötzlich Besitzer seiner eigenen Biermanufaktur zu sein …

Ich wünsche euch allen einen wunderschönen 3. Advent!

14.12.2012

Weihnachtskarten vom Hort

Ich mag die Arbeiten vom Hort – ein Designstudio in Berlin, das 1994 von Eike König gegründet wurde. Sie wirken auf mich modern, aber nie perfekt und steif. Eher verspielt, manchmal gewagt, dafür stets unkonventionell und frisch.

Kein Wunder, denn hier darf der Arbeitsplatz auch Spielplatz sein: "HORT war schon immer das, was der Name sagt: eine Art großer und bunter Spielplatz. Ein Ort ohne Begrenzungen, mit absoluter Offenheit, großem Vertrauen und allen Möglichkeiten."

Wunderbar erfrischend finde ich auch die diesjährigen Weihnachtskarten, die ich euch hier zeigen darf …








Alle Fotos: © HORT


Da bekommt man doch gleich Lust darauf weiterzuspinnen. Welcher Baum, passt zu … ?

Bei den Karten handelt es sich um eine Siebdruck-Edition von 10 Sets à 10 Karten.
Wer möchte, kann hier bestellen.





11.12.2012

Juli Gudehus und der Ehrenpreis

Juli Gudehus, Gestalterin aus Berlin, steckt voller Tatendrang. Nachdem sie erst vor Kurzem ihr dreitausendseitiges "Lesikon der visuellen Kommunikation" veröffentlicht hat, setzt sie nun gleich das nächste große Projekt in die Tat um: den Ehrenpreis.



Der Ehrenpreis ist ein absolutes Novum, was die Auszeichnung von Gestaltern anbelangt:
Ziel des Ehrenpreises ist es, die "Gestalter zu würdigen, die unsere Welt verschönern und verbessern".

Sollte man nicht annehmen, dass das bei allen Designpreisen der Fall ist? Leider nein. Wie Juli 2006 mit ihrer Kritik am "Designpreis der Bundesrepublik Deutschland" deutlich macht, kommen auf einen Teilnehmer dort in erster Linie hohe Kosten zu. Wer nicht zahlt, kann nicht gewinnen.

Innovative Ideen von kleinen Büros, Studios und mittellosen Gestaltern bleiben beim klassischen Designpreis außen vor. Nicht jedoch beim Ehrenpreis. Aus diesem Grund finde ich diese Projekt großartig, bewundere Juli für ihre zielstrebige Umsetzung und freue mich, dass sie sich die Zeit für ein paar Fragen genommen hat.


Was unterscheidet den Ehrenpreis ganz konkret von anderen Designpreisen?

Der Ehrenpreis unterscheidet sich zunächst dadurch, dass er weit mehr als ein Designpreis ist. Es geht um viel mehr als das, was landläufig unter »Design« verstanden wird. Darum heißt er auch »Ehrenpreis für Gestaltung«. Er ist der erste Preis, der für sämtliche gestalterischen Disziplinen offen ist: von Kommunikation, Identität und Unterhaltung über Produkt, Kleidung und Zier bis Raum, Gebäude und Gelände, digital und analog.

Natürlich ist der Ehrenpreis dennoch ein Preis und damit bei weitem nicht der einzige auf weiter Flur. Bei genauerem Hinsehen stellt sich aber heraus, dass er gewissermaßen die Birne unter den Äpfeln ist – er lässt sich mit den anderen Preisen kaum vergleichen. 

Der Ehrenpreis will etwas anderes und leistet etwas anderes. Unser Portal ist Ausgangsbasis für ein differenziertes Gespräch über Gestaltung, zu dem wir sowohl die Fachleute als auch die Nutzer einladen. Im Fokus steht also nicht nur, was gestalterisch eigentlich gut ist, sondern auch warum im Einzelnen. Es geht darum, wie und wie sehr Gestaltung jederzeit unser Empfinden, Denken und Handeln beeinflusst.


Es gibt dort regelrechte »Plädoyers« für die einzelnen Arbeiten, eigene Beschreibungen der jeweiligen Gestalter, Kommentare der Besucher und - je nachdem - Einschätzungen der Gutachter und Juroren. Was auch immer von wem auch immer hier geschrieben wird, wird öffentlich lesbar sein und bleiben. Diesen Facettenreichtum und diese Transparenz finden wir wichtig und spannend, darauf freuen wir uns.

Unser Vorbild ist das Bundesverdienstkreuz - eine für die damit Ausgezeichneten unverhoffte und kostenlose Ehrung. Alle Bürger können sich gegenseitig kostenlos und mit schriftlicher Begründung dafür vorschlagen. Dieser Staatspreis will nichts weiter, als öffentlich und mit kräftigem Applaus Menschen zu ehren, die Gutes schaffen. Das wollen wir auch, und zwar im Bereich der Gestaltung.



Wer kann beim Ehrenpreis Arbeiten vorschlagen?

Wir wenden uns ausdrücklich an diejenigen, die mit Gestaltung aller Art leben. Jeder, der gute Gestaltung zu schätzen weiß, kann Arbeiten vorschlagen. Das heißt, Gestalter können keine eigenen Arbeiten für den Ehrenpreis einreichen. Arbeiten werden stattdessen von begeisterten Nutzern, von zufriedenen Auftraggebern, stolzen Lehrenden etcetera ... vorgeschlagen. Wenn Du also in letzter Zeit etwas gesehen hast - App, Bluse, Comic ... Xylographie, Yacht, Zuchthaus - was Dich begeistert hat, dann schlag es vor! Deine Gestalterkollegen werden sich darüber freuen! 

Welche Kategorien gibt es?

Es gibt sieben Preiskategorien, die aus verschiedenen Perspektiven den Blick darauf richten, in welcher Weise und in welchem Maße Gestaltung dazu beiträgt, unsere Welt zu verschönern und zu verbessern. Und das sind sie, mit Kurztitel und kurzer Beschreibung:

»durch die Blume« - Arbeiten, 
die sich mit einem unliebsamen oder und delikaten Thema befassen

»Nächstenliebe« - Arbeiten, 
die Respekt fördern oder und Hilfsbereitschaft erleichtern

»Begleiterscheinung« - Arbeiten, 
die berühren oder und nachdenklich machen

»ah und oh« - Erfindungen 
und verblüffende, experimentelle oder und raffinierte Arbeiten

»weniger ist mehr« - Arbeiten, 
die Nerven, Zeit, Kraft, Ressourcen oder und Energie sparen helfen

»Sonnenschein« -  
stimmungsaufhellende oder und erheiternde Arbeiten

»kleine Ewigkeit« - Arbeiten, 
die wirken, als habe es sie schon immer gegeben

Die Jury verleiht den Ehrenpreis ohne Abstufungen und unabhängig von der gestalterischen Disziplin. Das heißt, eine Arbeit bekommt in ihrer Kategorie einen Ehrenpreis oder eben nicht. In der gleichen Kategorie kann zum Beispiel sowohl eine Nothaltebucht als auch ein Zeichentrickfilm ausgezeichnet werden.

Zusätzlich zur Entscheidung der Jury erhält die Arbeit mit den meisten Stimmen den Publikumspreis.


Zu was braucht es überhaupt einen Designpreis? 

Für klassische Designpreise möchte ich die Frage gern unbeantwortet lassen. Aber für den Ehrenpreis kann ich sagen: Es geht darum, das Ansehen dieser Kulturleistung in Deutschland zu fördern, die unseren gesamten Alltag durchzieht. Viele Menschen nehmen Gestaltung - wie die Luft zum atmen - nur dann wahr, wenn sie schlecht ist. Das ist zu wenig, finden wir. 

Vermutlich geht es doch uns allen so: wenn wir für eine gute Leistung gewürdigt werden, freuen wir uns. Und wir fühlen uns dazu angespornt, wieder und mehr und vielleicht sogar noch besseres zu leisten. »Geteilte Freude ist doppelte Freude« – das ist wohl wahr. Soviel zum Thema Positives bewirken. Das ist unser Ziel, da wollen wir hin.

Die Kategorien des Ehrenpreises gehen weit über den ästhetischen Aspekt von Design hinaus. Welche gesellschaftliche Verantwortung hat ein Designer/Gestalter deiner Meinung nach?

Ich denke, dass jeder einzelne von uns diese Verantwortung hat, jederzeit, privat wie beruflich. Bei Gestaltern sind die Dimensionen interessant. Wir erschaffen Dinge in teilweise sehr großer Stückzahl, mit großer Reichweite oder von großen Dimensionen. Insofern ist unsere Arbeit ein Zünglein an der Waage hinsichtlich Bildung, Haltung, Ökonomie, Umweltbewusstsein, Ästhetik, Zusammenleben, ich könnte stundenlang weiteres aufzählen.

Alle Fotos: www.der-ehrenpreis.de

Wie finanziert sich der Ehrenpreis?

Zum Glück und leider habe ich über diesen Aspekt nicht nachgedacht, als ich den Ehrenpreis ins Leben rief. Ich war komplett darauf ausgerichtet, das so zu konstruieren, wie es meiner Meinung nach optimal wäre. Die meisten existierenden Preise finanzieren sich über die Teilnahmegebühren, pro Arbeit meistens ein paarhundert Euro. Diejenigen, die das nicht so machen, sind Stiftungen mit eigenem Geld. Der Ehrenpreis hat weder selbst Geld noch nehmen wir Gebühren ein. Also sind wir komplett freischwebend. Das ist einerseits ein Riesenvorteil, weil wir wirklich unabhängig sind, andererseits ist das natürlich auf Dauer unhaltbar.

Wenn das Ganze irgendwann einmal eine Institution werden soll, wie etwa die Kindernothilfe oder ähnliches, dann brauchen wir große Sponsoren, die dafür sorgen, dass eine Handvoll von Leuten beim Ehrenpreis hauptberuflich arbeiten können. Auch für die Preisgelder, die es geben soll, brauchen wir Sponsoren. Und für die Arbeit, die wir in den letzten Monaten geleistet haben – einige von uns mehrere Tage, einige wochenlang und ich für meinen Teil arbeite seit Februar vollzeit für den Ehrenpreis.

Ich denke, dass eine solche Konstruktion möglich ist, sonst würde ich es gleich ganz bleiben lassen. Aber es wird auch nicht einfach sein. Viele Firmen halten es für eine gute Sache, kulturelle und soziale Projekte zu unterstützen. Das was wir machen, ist zwar sowohl ein kulturelles als auch ein soziales Projekt, ist aber noch nicht etabliert und überhaupt ist auch nicht Usus, Design zu fördern. Wir werden uns da extrem ins Zeug legen müssen, um zu überzeugen.

Wie integrierst du den großen Arbeitsaufwand für den Ehrenpreis in deinen Berufsalltag?

Mein Berufsalltag ist seit Anfang dieses Jahres der Ehrenpreis. Vollzeit.

Was wünscht du dir für 2013?

Ich wünsche mir, dass der Ehrenpreis die Dynamik und Wirkung entfaltet, die wir uns erhoffen. Und ich wünsche mir, dass wir potente Sponsoren finden, die in ihrer Haltung bestens zu unserer passen und uns zugunsten des Ganzen die Freiheit lassen, das zu tun, was im Sinne des Vorhabens das Beste ist.

Ich wünsche mir außerdem vom Kosmos einen guten Flow, für mich und ganz allgemein, dass alles leichter von der Hand geht. 

Herzlichen Dank an Juli für das Interview!

Weitere Infos und aktuell vorgeschlagene Arbeiten gibt es direkt beim "Ehrenpreis für Gestaltung".

Wenn euch Arbeiten begegnen, von denen ihr denkt, sie verfolgen einen tollen Ansatz und sollten gewürdigt werden – dann zögert nicht und schlagt sie vor!



09.12.2012

2. Advent // Julia Schenk




"Selbstgemachte Geschenke sind die Besten" – frei nach diesem Motto seht ihr hier jeden Adventssonntag ein Geschenk, das ein/e Gestalter/in einem lieben Menschen selbst gemacht hat.

Heute zeigt Julia Schenk aus Karlsruhe ein Weihnachtsgeschenk, das sie für ihre Eltern zum diesjährigen Fest gemacht hat (in der Hoffnung, dass sie diesen Beitrag nicht
lesen werden …). Julia ist ein absolutes Multitalent. Sie ist gelernte Schreinerin, von Beruf Grafikdesignerin, dreifache Mutter, bloggt als philuko und betreibt einen gleichnamigen Dawanda-Shop. Ihre kreative Ader ist also definitiv nicht zu leugnen.
Aus diesem Grund ist es für Julia selbstverständlich, persönliche Geschenke anzufertigen.

Wen lieben die Großeltern heiß und innig? Na klar, die Enkel! Also fotografierte Julia ihre Kinder und suchte die schönsten Fotos heraus. Um die Motive noch ein wenig aufzupeppen, beschloss sie diese von Hand zu colorieren.  


Dazu hat Julia die Fotos zunächst mit einem SW-Laserdrucker auf ein DIN A4 Blatt gedruckt. Anschließend hat sie das Blatt auf einen Karton geklebt, um Wellen beim Bemalen zu vermeiden.


Mit Aquarellfarben begann Julia nun Einzelteile des Bildes zu bemalen – teilweise durchscheinend (mit viel Wasser verdünnt), teilweise fast deckend.



Nach dem Trocknen hat sie die bemalten Bilder mit einem Scanner digitalisiert und auf die gewünschte Größe gebracht. Bei einem der zahllosen Anbieter im Internet hat Julia die Motive dann letztendlich auf Leinwand drucken lassen.


Voilà – kurze Zeit später hielt sie die ersten fertigen Weihnachtsgeschenke in der Hand.





Ein tolles, persönliches Geschenk! Vielen Dank, Julia, dass du es vorab hier gezeigt hast.

Habt alle einen fröhlichen und bunten zweiten Advent!

(Das Geschenk vom 1. Advent findet ihr hier.)

P.S. Kurz nachdem mir Julia ihren Beitrag geschickt hatte, stolperte ich über die colorierten Fotografien von Shae Acopian Detar. Ebenfalls wunderschön.


Adventspost

24 Teilnehmer. 24 Karten. 24 Tage.

Eine schöne Idee zur Adventszeit! Mein Tag ist die neun. Tausend Konzepte spukten mir im Kopf herum, letztendlich entschloss ich mich (wie fast immer) für einfach und schlicht.



Schwarz wurde verworfen und gegen Leuchtendes eingetauscht.




Gelernte Buchdrucker hätten sich bei diesem Anblick vermutlich die Haare gerauft – mir hingegen macht es einfach Spaß zu experimentieren und zu kurbeln, ohne Anspruch auf Perfektion.





24 Unikate (+ einige Test- und Ersatzkärtchen) wurden ein paar Tage ins Trockenregal gelegt und zum Schluss mit alten Gummistempeln durchnummeriert.




Inzwischen war hoffentlich auch der Postbote fleißig und hat – trotz Schnee – alle Karten rechtzeitig ausgeliefert.

Ich danke Michaela Müller und Tabea Heinicker für Idee & Organisation und freue mich auf alle Kärtchen, die da noch kommen werden.