13.06.2013

Fundstück des Monats … Annette Jacobs






Wenn ich im Netz umherstreife und von verschiedenen Richtungen mindestens zweimal auf derselben Seite lande, dann sehe ich mich genauer um. Desto mehr ich mich bei Annette Jacobs, selbstständige Designerin und Illustratorin aus Düsseldorf, umgesehen habe, desto begeisterter wurde ich: Ihre Arbeiten sind klar, durchdacht und immer auch mit einem spielerischen Ansatz versehen. Neben digitalen Arbeiten reihen sich analoge Arbeiten ein und am Ende macht es der Mix aus beiden Teilen.
Annette arbeitet für Agenturen wie Hesse Design und nowakteufelknyrim, für Kunden wie die Robert Bosch Stiftung, Stilwerk, die Rheinische Post Mediengruppe und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, gibt nebenbei Design-Workshops und produziert ausgefallene Objekte.

Noch Fragen? Ich schon …


Konzept & Gestaltung eines Gesellschafts- & Literaturmagazins zum Thema Glück

Erzähle bitte kurz etwas zu deiner Vorgeschichte.
Wie kamst du zu dem, was du heute tust? Wolltest du schon immer etwas in Richtung Kunst/Grafik/Illustration machen?

Es gab einmal eine kurze Zeit meiner Kindheit da wollte ich Schornsteinfeger Meisterin werden. Damals hat mein Vater mir erzählt, das sei ein sehr lukratives Geschäft und es gäbe nur wenige Leute die so etwas machen. Eigentlich habe ich aber davon geträumt Erfinderin zu werden um den Bananen-Schaukelstuhl zu entwickeln und habe lieber aus winzigen Stofffetzen Kleider für meine Barbies genäht. In der neunten Klasse habe ich dann ein Praktikum in einem Grafikdesign Büro gemacht. Und als wir schließlich Internet zu Hause bekamen, war ich fasziniert davon eigene Websites zu gestalten und zu programmieren und habe daraufhin eine Ausbildung im Bereich Webdesign, Fotografie und Video absolviert. Anschließend hat mich mein Weg erstmal zu den großen Werbeagenturen Düsseldorfs geführt - BBDO und Ogilvy - was auch der Grund dafür war, weshalb ich an der HAWK (Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Hildesheim) Design studiert habe. Sie bot als einzige Hochschule den Studiengang Advertising Design an. Die HAWK legt einen großen Fokus auf das Handwerk, was mich erst einmal geschockt hat. Plötzlich saß ich da mit Kalligrafie-Feder, Farbtöpfen und Pinseln, dabei wollte ich große Design Projekte realisieren. Diese analoge Arbeitsweise war jedoch ein wichtiger Grundstein für mich. Im Hauptstudium habe ich meinen Schwerpunkt auf Grafikdesign gelegt und auch noch ein Jahr in den USA am College of Visual Arts, Saint Paul Illustration und Corporate Design studiert. Diese Zusammenführung von analogem Arbeiten und meinem digitalen Hintergrund sowie von Design und Illustration spielen eine große Rolle in meiner Arbeit heute.


Links: Wasserzeichen einer Anwaltskanzlei, rechts: Kaktus für Pflanzenliebhaber ohne grünen Daumen


Auf deiner Webseite gibt es einen eigenen Bereich "DIY". Auch in deinen grafischen Arbeiten findet man immer wieder Handarbeit. Wie wichtig ist dieser analoge Bereich für dich?

Ich liebe das analoge Arbeiten und Dinge mit meinen Händen zu kreieren. Der Computer ist ein großartiges Werkzeug, aber nicht für jede Aufgabe immer das Richtige. Manchmal kann man interessantere Ergebnisse erzielen, wenn man mit seinen Händen arbeitet. Jedes Projekt ist eine Herausforderung, die eine einzigartige und maßgeschneiderte Lösung erfordert. Ich taste mich an jede Aufgabe sehr konzeptionell heran und beginne meist mit Recherche und Ideenskizzen. Wenn es zum Projekt passt, gestalte ich die Bildwelt leidenschaftlich gerne analog, aber auch digitale Illustration und Fotografie machen mir eine Menge Spaß. Bilder mit dem Mittel der Illustration zu generieren, ob für ein Buch, eine Website oder ein Logo, bietet mir einen großen kreativen Spielraum. Man kann leicht Dinge abstrahieren, neue Zusammenhänge schaffen und eine völlig eigene Welt erfinden, die es so in der Realität zwar nicht gibt, die aber verstanden wird und Dinge auf den Punkt bringt. Ich habe schon viele Projekte für kleinere und große Kunden realisiert, wo Illustration zum Einsatz kam - einige davon sind auch analog gestaltet. Da die analoge Arbeit im Büroalltag aber oft zu kurz kommt, nutze ich auch eigeninitiierte Projekte, um meine Freude am Handwerk und der analogen Gestaltung auszutoben. Im DIY Bereich meiner Website stelle ich einige davon vor.


Corporate Design & Illustration für das Restaurant Bertels


Was ist dein Lieblingsmaterial?

Stoff, Papier und Fundstücke.


Design von Accessoires für ein Fotoshooting


Was war dein bisheriges Lieblingsprojekt?

Ein wirklich spannendes Projekt war mein "Designing with a Knife Workshop" auf dem Taste Festival Berlin. Bei diesem Festival kamen internationale Köche, Künstler, Designer und Produzenten zusammen, um ihre ungewöhnlichen Projekte vorzustellen. Mein Corporate Design für das Restaurant Bertels war Teil der Ausstellung. Die Idee hinter diesem Design war es, alles mit dem Messer zu gestalteten - die Illustrationen entstanden mit einem Cuttermesser, der kalligrafische Logoschriftzug besteht aus Messerabdrücken. Und so kam die Anfrage, ob ich im Rahmen des Festivals einen Workshop zu diesem Konzept geben kann. Zu meinem dreitägigen Workshop kam ein internationales Publikum, darunter viele Designer und Studenten aus Europa, Asien und den USA, aber auch Visual Merchandiser vom KDW und Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen. Ich hatte großen Spaß am kulturellen Austausch und fand es spannend zu beobachten, wie groß die Faszination für Handgemachtes ist. Viele Teilnehmer waren beim selbst Ausprobieren erstaunt, wie viel Feinmotorik und Ausdauer es erfordert. Einige hatten Hemmungen, dass es nicht perfekt wird und dass sie keine Handbewegung rückgängig machen können - den Tastaturbefehl "Rückgängig machen" gibt es bei der analogen Arbeit nun mal nicht. Ich denke unsere handwerklichen Fähigkeiten verkümmern in dieser digitalen Welt schnell. Ich liebe es zu sehen wie stolz Menschen sind, etwas mit ihren eigenen Händen erschaffen zu haben. Manchmal macht gerade das Unperfekte Dinge perfekt.


Impressionen vom "Designing with a Knife Workshop" auf dem Taste Festival Berlin


Was machst du gerade? Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Seit drei Jahren arbeite ich für Hesse Design. Es ist ein tolles Büro. Meine Arbeit dort ist ein Mix aus Logoentwicklung, Corporate Design, Buch- und Plakatgestaltung, Web- und Interfacedesign sowie Art Direction für Werbung und Fotoproduktionen. Was mich an Projekten interessiert, ist nicht nur das Design selbst, sondern auch welche Inhalte transportiert werden und wer dahinter steckt. Für das 50 jährige Jubiläum der Robert Bosch Stiftung, den Weltkongress für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und ein noch ganz geheimes Internet Startup Unternehmen habe ich in den letzten Monaten wirklich interessante und schöne Projekte realisieren können. Ich bin ganz offen und gespannt was die Zukunft an freiberuflichen Design-Projekten und eigenen Kunden bringt. Mir macht es außerdem großen Spaß zu unterrichten und ich würde gerne an einer Hochschule lehren. Auch möchte ich einige freie Projekte realisieren, für die sich die Ideen in meinem Kopf anhäufen und für die ich in Zukunft mehr Zeit einräumen will.



Corporate Design & Illustration für den
Weltkongress für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2014

Woher nimmst du deine Inspiration?

Überall lauert Inspiration - ich gehe auf Ausstellungen, lese Blogs und Magazine und beobachte gerne Menschen im Alltagsgeschehen. Eine große Inspirationsquelle ist aber auch das Reisen für mich. Mich beeindrucken die visuelle Kultur, das Handwerk und die Haltung zu Design verschiedener Ländern - zum Beispiel die Farben und Muster in Sri Lanka, das nachhaltige Design in Dänemark, die experimentelle Offenheit in den Niederlanden oder der Humor und die Emotion in den USA.

Wo oder wann kommen dir die besten Ideen und wie hältst du sie fest?

Ideen kommen oft ganz unerwartet - in Gesellschaft von Menschen, die mich inspirieren, nicht unbedingt Kreative. Oft passiert es in Gesprächen oder wenn ich vor lauter Gedanken im Kopf nicht einschlafen kann. Ich muss mir meine Ideen direkt aufschreiben, sie skizzieren oder sie jemandem erzählen um sie festzuhalten.


Corporate Design für ein Schweizer Landschaftsarchitekturbüro

Liebe Annette, ich bin gespannt, was für Ideen das sind, die sich da in deinem Kopf anhäufen … vielen herzlichen Dank für den Einblick in deine Arbeit und viel Erfolg weiterhin!



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"Find of the month" … Annette Jacobs

Annette Jacobs is a graphic designer & illustrator based in Duesseldorf/Germany. Her works are clean, well thought out and always include some playful aspects. She feels comfortable working digital as well as analog – this mixture is what I like most. Currently Annette is working as freelance designer for agencies like Hesse Design or nowakteufelknyrim but she is also giving workshops and producing extraordinary design objects. 

Thank you, Annette, I really appreciate you taking time to talk to me!

Check out her work: www.annettejacobs.de



4 Kommentare:

  1. oh ja, ich auch. die gedanken zum unterschied analog – digital sind so einfach wie richtig. ein unbedingtes plädoyer für das analoge auch von meiner seite (wobei ich das digitale handwerk auch gern so gut beherrschen würde). ich klick mich dann mal zu annette ...
    danke, liebe isabell, wieder einmal so fein gewählt.
    liebe grüße von ulma

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  2. toll, danke isabell für diesen inspirierenden einblick!
    voll gut. ich bin dann auch mal am durchklicken :)
    liebste grüße!
    natasa.

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  3. iRgendwie alles Rundum sympathisch. sehR sogaR.
    eRstaunlich .... danke an euch.
    liebe gRüße. käthe.

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  4. sehr beeindruckend! sehr gefallen hat mir annettes satz, dass das unperfekte dinge oft erst perfekt macht. könnte mein motto werden! oder ist es schon.
    liebe grüße von mano - und danke für fragen und antworten!

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